Einblicke in Osternburgs Industriegeschichte

Der ursprünglich eher ländlich geprägte Charakter der selbständigen Gemeinde Osternburg veränderte sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf Ländereien des ehemaligen Vorwerks Drielake siedelten sich zwei kleine Betriebe an, eine Glasfabrik und eine Spinnerei. Diese entwickelten sich in den folgenden Jahrzehnten zu bedeutenden Industriebetrieben. Im Jahre 1916 kamen eine  Wagenbauanstalt und etwas später eine Werft nach Osternburg. So wurde Osternburg zum wichtigsten Industriestandort in einer ansonsten industriearmen Region. Im Jahre 1922 wurde Osternburg eingemeindet und Teil der Stadt Oldenburg.

STANDORTE EHEMALS BEDEUTENDER INDUSTRIEBETRIEBE

Dieser Ausschnitt aus einem Oldenburger Stadtplan, der vermutlich aus Mitte der 1920er Jahre stammt und zum Herausgeber keine Angaben macht, zeigt die Standorte der Warpsspinnerei (Spinnerei), Glashütte, Wagenbauanstalt und Brand Werft (Werft). Damals hatte die Glashütte noch den alten Stichhafen. Im Zuge der Fertigstellung des Küstenkanals und der Kanalisierung der unteren Hunte wurde die Beseitigung des Hafens erforderlich.

DIE WARPSSPINNEREI

Im Jahre 1856 wurde von der Gründungsversammlung bei der Großherzoglichen Regierung der Antrag für die „Anlage einer Warpsspinnerei und -stärkerei bei Oldenburg“ gestellt.

Das aus dem Englischen stammende Wort „Warps“ bedeutet „Kettgarn“. Warpsspinnerei bedeutet also Kettgarnspinnerei. Errichtet werden sollte die Spinnerei neben der damaligen Harbers’schen Glashütte.

Zeichnung von der Warpsspinnerei an der Stedinger Straße

Die Warpsspinnerei produzierte zunächst hauptsächlich Baumwollgarne, die an Webereibetriebe gingen. Der Betrieb entwickelte sich gut bis zum Beginn des ersten Weltkrieges. Weil es infolge des Krieges zu Lieferschwierigkeiten bei der Baumwolle kam, musste die Spinnerei vorübergehend stillgelegt werden.

Arbeiterinnen der Spinnerei in einer der Produktionshallen
Arbeiterinnen der Warpsspinnerei sonnen sich in einer Pause. Das Bild ist vermutlich in den 1950er Jahren entstanden.

Eine Glanzzeit erlebte die Warpspinnerei insbesondere in den 1950er Jahren, parallel zur Zeit des sogenannten deutschen Wirtschaftswunders. Damals wurden mehrere Millionen DM in einen modernen Maschinenpark investiert.

Die Warpsspinnerei an der Stedinger Straße im Jahre 1956. Der Haupteingang ist am linken Bildrand in der Bildmitte zu sehen. Damals feierte man das 100jährige Betriebsjubiläum.
Arbeiterinnen der Spinnerei in den 1960er Jahren
Eine Ringspinnmaschine. In der Mitte sind einige Spindeln zu sehen auf die das verstreckte und gedrehte Garn aufgewickelt wurde. Bis zu 400 Spindeln hatten die 23 Spinnmaschinen in der Warpsspinnerei Anfang der 1970er Jahre.
Eine Arbeiterin an der Ringspinnmaschine, vorne unten zusehen die leeren Hülsen (Spinnkopse) , die aufgesteckt wurden, wenn die vollen Spindeln abgenommen worden waren.
Herr B. , der bei der Warpsspinnerei beschäftigt war, beschreibt das Verfahren der Ringspinnerei:

Allerdings lagen die Löhne unter dem Durchschnitt der sonstigen Industrie. Aus diesem Grund verließen viele – vor allem männliche Arbeitskräfte – die Spinnerei, um z.B. bei der benachbarten Glashütte zu arbeiten, die bis zu 25% mehr Lohn bot. Für die meist ungelernten weiblichen Arbeitskräfte war es schwieriger, einen besser bezahlten Arbeitsplatz zu finden. Ab den 1960er Jahren stellte die Spinnerei auch viele ausländische Arbeitskräfte ein, die zum Teil in werkseigenen Wohnungen an der Stedinger Straße oder der Alteneschstraße untergebracht waren.

Werkswohnungen der Warpsspinnerei befanden sich in diesen Häusern an der Stedinger Straße. Das Foto entstand Anfang der 1970er Jahre.
Blick auf die Warpsspinnerei 1950er Jahre
Herr B. erinnert sich an die Örtlichkeiten:
Der Eingangsbereich der Warpsspinnerei, der sich ungefähr gegenüber der Einmündung in die Schulstraße befand.

Zu Beginn der 1960er Jahre wurde die ausländische Konkurrenz in der Textilbranche immer größer. Hinzu kam, dass die Produktionshallen an der Stedinger Straße nicht auf die Herstellung synthetischer Garne ausgelegt waren. Die Umsatzeinbußen der Warpsspinnerei stiegen von Jahr zu Jahr, so dass die Zahl der Beschäftigten reduziert werden musste und es zu Kurzarbeit kam. Die Warpsspinnerei, die viele Jahrzehnte zu den größten Arbeitgebern Oldenburgs gehört hatte, geriet in der Folgezeit immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten.

Durch eine Standortverlegung sollte schließlich die Spinnerei gerettet werden. Nach langen Verhandlungen verkaufte die Warpspinnerei im Jahre 1971 ihr Fabrikgrundstück mit den Gebäuden an die Oldenburgische Glashütte. Mit dem Erlös konnte nach Abzug der Schulden eine neue Werksanlage in Petersfehn finanziert werden. Die Spinnerei in Osternburg wurde Anfang des Jahres 1972 stillgelegt. Einige Zeit später kam aber auch am neuen Standort das endgültige Aus für die Warpsspinnerei.

DIE OLDENBURGISCHE GLASHÜTTE

Mitte der 1840er Jahre übernahm der Kaufmann Justus Harbers ein Grundstück vom Ratsherrn Conrad Hinrich Hegeler, dem damaligen Besitzer des Gutes Drielake, und errichtete darauf eine kleine Glashütte.

Ältere Zeichnung von der „Glasfabrik zu Drilake“

Ausschlaggebend für die Standortwahl war zum einen die schiffbare Hunte, die für die Lieferung von Rohstoffen und den Abtransport der Produkte zur Verfügung stand. Zum anderen war von Anfang an in Betracht gezogen worden, dass in der Nähe, nämlich in Donnerschwee, der für die Glasproduktion erforderliche weiße Quarzsand in großer Menge zur Verfügung stand und der Torf aus den Oldenburger Mooren für die Öfen genutzt werden konnte.

Was als kleiner Handwerksbetrieb mit fünf Arbeitern begann, entwickelte sich in den nächsten Jahrzehnten zu einem bedeutenden Industriebetrieb. Um 1880 wurden Glasgefäße zum wichtigsten Exportgut des Oldenburger Hafens.

Auf Initiative des damaligen Direktors August Schultze kam es zur Gründung der „Oldenburg-Portugiesischen Dampfschiffs-Rhederei“ (OPDR).

Die in der Oldenburger Glashütte produzierten Flaschen verschiffte man nach Portugal und England.

Die Glasmacher der Oldenburgischen Glashütte um 1890

Um den Umschlag besser bewältigen zu können, ließ die Direktion der Glashütte einen kleinen Stichhafen von etwa 200 m Länge bauen. Zur Jahrhunderwende war die Glashütte mit ihren etwa 700 Beschäftigte ein großer Industriebetrieb. Die Entwicklung war gut, so dass die Oldenburgische Glashütte 1908 und 1909 Flaschenfabriken in Stadthagen, Hildburghausen und Friedrichsthal an der Saar aufkaufte.

Die Glashütte mit dem kleinen Stichhafen um etwa 1910

Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges verlor die Oldenburgische Glashütte ihre Absatzgebiete im Ausland. Auch die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre traf die Glashütte hart, so dass sie zeitweise stillgelegt werden musste.

Arbeiter der Glashütte beim Flaschenverkauf, 1930er Jahre
Arbeiter auf dem Außengelände.
Das Sandlager
Arbeiter im Sodalager
Lageplan der Glashütte, etwa 1930er Jahre
Die „Zutaten“ für die Glasherstellung (aus den 1930er Jahren). Für die genauen Mengen war der Wannenmeister verantwortlich.
Ein Teil des Glashüttengeländes in den 1930er Jahren.

Während des Zweiten Weltkrieges mussten Zwangsarbeiter und Dienstverpflichtete die Produktion fortsetzen.

Blick auf Osternburg mit der Glashütte im Jahre 1954, am linken unteren Bildrand sind die Gebäude der ehemaligen Wagenbauanstalt zu erkennen
Stedinger Straße, vermutlich 1950er Jahre.
Frau E. erinnert sich an ihre Kindheit an der Stedinger Straße in den 1950er Jahren. Ihre Eltern waren bei der Glashütte beschäftigt:
Das Gelände der Glashütte mit den Schornsteinen um etwa 1950.
Ein Einweckglas, hergestellt in der Oldenburgischen Glashütte. Es stammt vermutlich aus den 1950er Jahren.
Das Gelände der Glashütte von den Bahngleisen aus im Jahre 1956.

Die Glashütte fusionierte Anfang der 1950er Jahre mit der Siemens Glas AG in Wirges, ging allerdings im Jahre 1957 in Konkurs. Die Gerresheimer Glas AG übernahm dann die mittlerweile völlig veraltete Fabrik.

In der Folgezeit entstanden moderne Produktionshallen mit neuen Maschinen.

Ausschnitt aus der NWZ vom 4. März 1959
Die Glashütte von den Bahngleisen aus gesehen. Auf dem Bild ist die Übernahme durch die Gerresheimer Glas AG zu sehen. Links die Glasmarke von Gerresheim, rechts die alte Glasmarke der Oldenburgischen Glashütte. In der Regel befindet sich die Glasmarke am Boden einer Flasche oder eines Glases, um den Hersteller identifizieren zu können.

In den dann folgenden Jahren entwickelte sich die Glashütte wieder zu einem der größten Arbeitgeber Oldenburgs.

 

Die neuen Produktionshallen der Glashütte im Jahre 1959
Flaschenherstellung
Herr T. war Maschinist und arbeitete am sogenannten „heißen End“. Er erinnert sich an die anstrengende Arbeit:
Frau E. berichtet über die Arbeit ihrer Eltern in der Glashütte:
Arbeit an der Sortiermaschine in den 1960er Jahren.
Herr G. berichtet von seiner Arbeit am Sortierband:
Blick auf die Glashütte vom Stau aus im Jahre 1967
Die Stedinger Straße, etwa Ende der 1970er Jahre, rechts ist die Glashütte.

Als es 1983 zur Schließung kam, konnte es keiner glauben, denn die Glashütte „stand gut da“ und schrieb damals „schwarze Zahlen“.

Herr T. erinnert sich an ein Gespräch, das er mit einem Mitarbeiter des Hauptwerkes aus Gerresheim führte, den er zufällig während eines Kuraufenthaltes im September 1982 traf:
Eingangsbereich der Glashütte an der Stedinger Straße, 1980er Jahre.
Herr G. erzählt wie er die plötzliche Schließung der Glashütte erlebt hat:

Es gab nicht nur Proteste und Demonstrationen, sondern es wurde sogar eine Bürgerinitiative zur Rettung der Glashütte gegründet, deren Sprecher der Osternburger Pastor Wöbken war.

Protestmarsch auf der Stedinger Straße gegen die Schließung der Glashütte im Jahre 1983

Alle Anstrengungen halfen nicht. Die Gerresheimer Glas AG entließ die über 400 Beschäftigten der Glashütte. Es war ein herber Einschnitt für viele Osternburger.

 

1986 siedelte sich das Kunststoffwerk „Peguform“ auf dem Gelände an, das inzwischen zur Samvardhana Motherson Peguform (SMP) gehört.

DIE GLASFORMENFABRIK EDUARD BEYER

Im Jahre 1877 machte sich der bei der Oldenburger Glashütte beschäftigte Thüringer Eduard Beyer als Formbauer selbständig und gründete eine Glasformenfabrik an der Dragonerstraße in Osternburg. Im Laufe der Jahrzehnte entstand eine international bedeutende Firma, deren Glasformen für die unterschiedlichsten Zwecke eingesetzt wurden.

Die Glasformenfabrik Eduard Beyer an der Dragonerstraße

Nach dem zweiten Weltkrieg – während des Krieges wurden unter Einsatz von Zwangsarbeitern Granaten hergestellt – produzierte der Betrieb wieder Glasformen, u.a. zur Herstellung von Wein-, Bier- und Weckgläsern, Aschenbechern, Vasen sowie Glaskuppeln für Beleuchtungszwecke.

Herr W. machte vor dem zweiten Weltkrieg bei der Firma Beyer eine Ausbildung. 1949 nach dem Ende seiner Kriegsgefangenschaft konnte er dort wieder anfangen. Er erinnert sich zurück in diese Zeiten:
NWZ- Ausschnitt vom 21. November 1949
Weihnachtsfeier eines Teils der Beschäftigten der Firma Beyer, etwa Anfang 1960er Jahre
Weihnachtsfeier bei Beyer, Anfang der 1960er Jahre.
Herr W. berichtet von der Arbeit in der Glasformenfabrik:
Demonstration anläßlich des 1. Mai auf der Amalienbrücke, etwa Anfang der 1960er Jahre

Mitte der 1990er Jahre ging die Firma in Konkurs.

DIE WAGENBAUANSTALT

Die Wagenbauanstalt (WOAG) wurde im Jahre 1916 gegründet. Sie befand sich an der Stedinger Straße in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gutsgebäude des ehemaligen Gutes Drielake.

Ausschnitt aus dem Stadtplan „Oldenburg um 1900“ von Lübbing und Harms

3000 qm des Geländes wurden u.a. mit Produktionshallen für die Herstellung von Eisenbahnfahrzeugen bebaut. Die Büroräume und das Magazin der Wagenbauanstalt lagen zur Stedinger Straße hin. Einige ehemalige Hallen sind heute noch erkennbar. Sie werden u.a. von der Firma MACO genutzt.

Gelände der Wagenbauanstalt in den 1920er Jahren. Etwa in der Bildmitte (hinter der Halle mit dem Schornstein) sind die Gebäude des Gutes Drielake zu erkennen.

Mit der Produktion in der Wagenbauanstalt wurde 1917 – während des ersten Weltkriegs (1914-1918) – mit acht Arbeitern begonnen. Bereits Ende des Jahres 1917 hatte der Betrieb 170 Beschäftigte, die u.a. Heeresbedarf in Form von Wagen, Lafetten und Munitionskästen herstellten.

Gebäude und ein Teil des Geländes der Wagenbauanstalt im Jahre 1917, links (nicht im Bild) befindet sich die Stedinger Straße.
Blick in eine der Hallen der Wagenbauanstalt im Jahre 1917.

Noch während des Krieges wurde auch der Waggonbau aufgenommen. Etwa 100 Wagen produzierte die Wagenbauanstalt innerhalb kurzer Zeit für die Oldenburgische und Preußische Eisenbahndirektion. Allerdings sah sich der Betrieb „an seiner vollen Entfaltung wegen eines Mangels an Fachkräften gehindert“.

Auf dem Betriebsgelände im Jahre 1917
Dieses Bild aus einem alten Fotoalbum von der Wagenbauanstalt deutet auf einen Streik im Jahre 1918 hin. Es ist untertitelt mit „Streikbrecher 1918“.

Nach dem ersten Weltkrieg wurden u.a. Eisen- und Straßenbahnwagen sowie Motorräder der Marke „WOAG“ hergestellt.

Dieses Bild aus einem alten Fotoalbum von der Wagenbauanstalt ist untertitelt mit "Weintransportwagen für Frankreich".
Mitarbeiter der Wagenbauanstalt vor einem fertiggestellten Waggon für die Borkumer Kleinbahn
Werbung der Wagenbauanstalt aus dem Jahre 1925

Laut Vorstandsbericht für das Jahr 1924 zeichneten sich große wirtschaftliche Schwierigkeiten der Wagenbauanstalt ab.

Schließlich wurde die Wagenbauanstalt im Jahre 1927 liquidiert.

1936 übernahm die Firma Haniel das Gelände.

DIE BRAND WERFT

Teilausschnitt aus "Stadtplan von Oldenburg", Hrsg. und Verlag Littmann, 5. Auflage, der etwa aus der Zeit um 1930 stammt. Rot markiert ist der Standort der Werft in Osternburg an der Einmündung des Hemmelsbäker Kanals in die Hunte. Auf dem Stadtplan ist der Standort etwas anders angegeben.

Ursprünglich war der Betrieb 1850 in Edewecht gegründet worden. Im Jahre 1853 übernahm Heinrich Christian Brand die Werft des verstorbenen Werftbesitzers Rulf Balleer am Stau. Von dort aus wurde die Werft in der Folgezeit weiter stadtauswärts in den Bereich hinter die Eisenbahnbrücke verlegt.

Werftgelände am Stau, links ist der Bahnwasserturm zu sehen. (Foto aus 125 Jahre Heinrich Brand, Brand, Sigrid, S.49)

Die Werft hatte am Stau zuletzt nach einer Vertiefung der Hunte zu hoch gelegen. Außerdem gab es an dieser Stelle keine Ausdehnungsmöglichkeiten. Deshalb siedelte der Enkel des ehemaligen Gründers, der ebenfalls Heinrich Brand hieß, die Werft 1917 auf ein neues Grundstück nach Osternburg um. Auf diesem Gelände befand sich die Werft bis zu ihrem Ende im Jahre 1997.

Luftbild von der Brand Werft in Osternburg bei der Einmündung des Hemmelsbäker Kanals in die Hunte im Jahre 1955.

Die Werft hatte in Osternburg einen guten Start. Bereits im Jahre 1920 wurde das erste eiserne Segelschiff zu Wasser gelassen. In der Folgezeit baute man u.a. Motor- und Küstenmotorschiffe.

Schiffsneubau im Jahre 1952
Stapellauf des Motorschiffs „Kurt Bastian“ im Jahre 1954. Viele Oldenburger kamen zu den Stapelläufen.
Stapellauf des MS „Admiral Bastian“ im Juli 1955.
Herr B. erinnert sich an den Übergang vom genieteten zum geschweißten Schiff auf der Werft:
Blick stadtauswärts im Jahre 1961.
Herr P. berichtet über die Stapelläufe auf der Brand Werft, die er als Kind erlebte.

Ab den 1960er Jahren baute die Werft auch Spezialschiffe. Es wurden u.a. Gas- und Chemikalientanker fertiggestellt.

Der Gastanker „Karin Tholstrup“ im Oldenburger Hafen.
Herr B. erinnert sich an die Entwicklung der Schiffsgrößen im Laufe der Jahre:
Blick von einem Schiffsneubau herunter auf die schmale Hunte in den 1950er Jahren.
Das spätere Trockendock der Werft.
Blick auf die Werft im August 1981
Blick Richtung Klärwerk
Das Werftgelände in den 1980er Jahren

Ende der 1980er Jahre bekam jedoch ein auf der Brand Werft gebautes Schiff auf See technische Schwierigkeiten und konnte die Fahrt nicht wie geplant fortsetzen. Wegen des dadurch entstandenen Schadens wurde die Werft von einem Londoner Gericht zu einem Schadensersatz von 4,5 Mio. DM verurteilt. Das verkraftete der Betrieb – trotz guter Auftragslage – nicht.

In der Folgezeit wurde zwar noch eine Auffanggesellschaft gegründet, die Neue Brand Werft. 1997 musste der Betrieb aber endgültig eingestellt werden. Die Brand Werft hatte zuletzt 210 Beschäftigte.

DAS GEWERBEGEBIET EMSSTRASSE/ WESERSTRASSE

In den 1950er/60er Jahren entstand im Bereich der Emsstraße ein weiteres Industrie- bzw. Gewerbegebiet.

Seit 1937 gab es hier bereits die Firma Rhein-Umschlag, die sich direkt an der Hunte niedergelassen hatte. Das Unternehmen schlug jahrzehntelang an dieser Stelle Massengut, u.a. gefördert in eigenen Kieswerken (Mollbergen und Nethen), und Stückgut um und transportierte die Güter von hier aus weiter ins Oldenburger Umland.

Inzwischen befindet sich die Firma Rhein-Umschlag an der Dalbenstraße.

Der Bereich Emsstraße/Weserstraße. An der Hunte der Umschlagplatz der Firma Rhein-Umschlag. Die Luftbildaufnahme entstand Anfang der 1950er Jahre.
Das Gelände der Firma Rhein-Umschlag mit dem Bürogebäude am linken Bildrand in den 1960er Jahren.
Blick über das Betriebsgelände der Firma Rhein-Umschlag. Das Bild stammt aus den 1960er Jahren. Im Hintergrund die Eisenbahnbrücke.
Das Bürogebäude und der Eingangsbereich der Firma Rhein-Umschlag im Februar 1988.

Die Eisengießerei Harms befand sich ursprünglich an der Ecke Bahnhofstraße/Rosenstraße. Anfang der 1960er Jahre zog der Betrieb an die Emsstraße. Das Hauptgeschäft der Gießerei lag zunächst im Bereich des Industriegusses (u.a. für landwirtschaftliche Geräte). Später arbeitete die Firma auch für Werften (u.a. Herstellung von Schiffsschrauben). Kaminplatten waren ein Nebengeschäft in den 1980er Jahren. In den letzten Jahren hatte sich die Gießerei auf individuelle Aufträge spezialisiert. Der Grund für die Einstellung des Betriebes zum 31. März 2018 war ein Mangel an Fachkräften.

 

Die Eisengießerei Harms, etwa 1960er Jahre. Zu erkennen ist noch die ehemalige Nutzung des Bereichs als Kleingartengelände. Links – nicht vollständig im Bild – die Steppdeckenfabrik Hammer.
Blick in die Gießerei

Die Hammer-Steppdeckenfabrik (Bild oben, Gebäude links neben der Eisengießerei Harms) – ursprünglich in Dresden gegründet – zog 1954 in den Fabrikneubau nach Osternburg. 50 bis 70 Arbeitskräfte stellten in der Produktion Tagesdecken und Schlafsäcke her. Die Firma an der Emsstraße gehörte Anfang der 1960er Jahre zu den führenden Großbetrieben in dieser Sparte und blickte auf ihr hundertjähriges Bestehen zurück. 

1985 wurde die Firma aufgelöst. Das Gebäude wurde einige Zeit später die erste Verkaufshalle der Firma MACO.

Das Gelände der Firma „TURM-Sahne“ an der Emsstraße, die zunächst als „Oldenburger Dauersahne- und Süßwarenwerk GmbH“ firmierte.

Als die Firma TURM-Sahne 1949 gegründet wurde, befand sie sich in der Hindenburg-Kaserne an der Cloppenburger Straße. Damals hatten die drei Gründer Alfred und Engelhard Löesing und Walter Gloor die Idee, für die hergestellte Kaffeesahne Glasflaschen zu benutzen. 1951 erfolgte der Umzug in die Emsstraße, zunächst in eine Fertigbaracke.

1957 wurde an der Emsstraße ein Neubau errichtet, um die Produktionsstätte zu erweitern und zu modernisieren.

Die Glasflaschen mit der Kaffeesahne werden zum Erhitzen in den Autoklav geschoben (1970er Jahre)

1951 war auch das Geburtsjahr der TURM-Sahne-Karamellen. Die Karamellen dürfen seitdem bei keinem Kramermarktsumzug fehlen. So wurden in der Folgezeit TURM-Sahne-Karamellen in den verschiedensten Variationen hergestellt (Schokomint, Hustenkaramellen mit Lakritz und die unterschiedlichsten Fruchtkaramellen im Sommer).

In den 1950er Jahren produzierte die Firma an der Emsstraße täglich 2 Tonnen Karamellen. 2,5 Tonnen Kaffesahne wurden außerdem täglich in Flaschen abgefüllt.

Die Firma zog 1994 an den heutigen Standort am Westerender Weg um.

 

Die Turm-Sahne Karamellen gibt es auch heute noch. Sie sind eine echte Oldenburger Spezialität.
Ein Blick in die Weserstraße in den 1980er Jahren. 1959 war auch die Firma Sartorius & Co. (auf der rechten und linken Seite der Straße) in das Gewerbegebiet Emsstraße/Weserstraße verlegt worden. Sie hatte sich zuvor in der Lange Straße 82 befunden.
Die Geschäftszentrale der EDEKA-Großhandelszentrale an der Emsstraße.

An der Emsstraße befanden sich die Geschäftszentrale und die Lagerhäuser des EDEKA-Großhandels Oldenburg, der in den 1960er Jahren etwa 700 Einzelhandelsunternehmen im Weser-Ems-Gebiet belieferte. Wegen mangelnder Ausdehnungsmöglichkeiten stand das Gelände bereits 1967 wieder zum Verkauf. Danach war das Lager zentrales Bekleidungsdepot der Bundeswehr. Heute befinden sich dort ein Bowling-Center und ein Fitnessstudio.

 

LITERATUR/QUELLEN

Berg, Eugenia; Meyer, Lioba; Steitz, Ulf, Moderne Zeiten Industrie- und Arbeiterkultur in Oldenburg 1845 bis 1945, Oldenburg 1989

Lioba Meyer in Schachtschneider, Matthias, Osternburg Ein Ort mit vielen Gesichtern, Oldenburg 1999, S.115 ff. (zur Warpsspinnerei)

Lioba Meyer in Schachtschneider, Matthias, Osternburg Ein Ort mit vielen Gesichtern, Oldenburg 1999, S. 92 ff. (zur Glashütte)

75 Jahre OPDR 1882 – 1957, Hamburg 1957 (Oldenburg-Portugiesische Dampfschiffs-Rhederei), S. 7 ff.

Schachtschneider, Matthias, Osternburg Ein Ort mit vielen Gesichtern, Oldenburg 1999, S. 180 f. (Wagenbauanstalt)

Brand, Sigrid, 125 Jahre Heinrich Brand 1850-1975 (Brand Werft)

Claußen, Geert, Spurensuche in Osternburg Oldenburger Ansichten, Oldenburg 2009, S. 56 ff. (Glashütte, Turmsahne, Hammer Steppdeckenfabrik)

44 Jahre 1937-1981 Rhein-Umschlag Oldenburg, 1992

NWZ-Archiv

Alt-Oldenburg

Viele Fotos dieser virtuellen Ausstellung wurden dem Oldenburger Medienarchiv im Rahmen des Projekts „Fernes Land Osternburg“ von Privatpersonen und Firmen zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür! Ein ganz besonderer Dank gilt auch allen Zeitzeugen! Durch ihre Erinnerungen und Erzählungen wird die Geschichte Osternburgs wieder lebendig.

Zum Stadtteil Osternburg ist auch das Buch Fernes Land Osternburg“ und der Film Wie die Zucchini nach Osternburg kam erschienen.

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