Der Oldenburger Hafen hat eine wechselvolle Geschichte. Das alte Hafenbecken reichte früher bis etwa an den Bereich Ritterstraße/Staustraße heran, wurde dann in den 1930er Jahren zurückgebaut, so dass der erweiterte Stautorplatz entstand. Viele kleine Betriebe, aber auch größere Firmen siedelten sich im Oldenburger Hafen in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt an und nutzten die Hunte, später auch den 1935 eröffneten Küstenkanal, als Transportweg.
In neuerer Zeit wurden hafenaffine Industriebetriebe weiter Richtung stadtauswärts verlagert. Hatten in den 1990er Jahren noch Arbeitsamt (heute Agentur für Arbeit Oldenburg-Wilhelmshaven) und Landeszentralbank (heute Deutsche Bundesbank-Filiale Oldenburg) die Möglichkeit, ihre Gebäude unmittelbar an der Hunte zu errichten, wurde in den letzten Jahren die Attraktivität des Wohnens im alten Stadthafen erkannt und nicht unumstrittene Wohnblöcke entstanden bzw. werden gerade gebaut.
DER ALTE STADTHAFEN
BAULICHE VERÄNDERUNGEN IM VORDEREN HAFENBEREICH
1934 wurde ein Teil des alten Hafenbeckens ungefähr bis zur Höhe des heutigen Restaurants „Rondell“ zurückgebaut.
Der bereits vorhandene Stautorplatz wurde dadurch vergrößert und es entstand eine Anlage mit geklinkerten Eingangssäulen und Rosenanpflanzungen.
Um dem rasch wachsenden Straßenverkehr gerecht zu werden, entstand 1963 ein Verkehrskreisel um das Stautor-Café herum. Aus den Stautoranlagen wurde ein Parkplatz.
Mit dem Bau des Haarenschöpfwerkes im Jahr 1982 wurde das Hafenbecken später nochmals verändert.
DIE ALTE HAUPTPOST
Im Bereich des alten Oldenburger Hafens befand sich bis 1978 das ehemalige Oldenburger Hauptpostamt.
Der Betrieb dort war im Jahre 1902 aufgenommen worden. Im Erdgeschoss lagen damals die Diensträume für das Postamt sowie die Oberpostkasse. Im ersten Stock war die Oberpostdirektion und eine Dienstwohnung für den Oberpostdirektor. Im zweiten Stock war das Fernsprech- und Telegragraphenwesen untergebracht. Außerdem befand sich dort die Dienstwohnung des Postamtsvorstehers.
Bereits in den 1920er Jahren waren die Räumlichkeiten zu eng geworden und erste Dienststellen mussten ausgelagert werden.
Diese Filmaufnahmen aus den 1970er Jahren geben einen kleinen Einblick in den Tagesbetrieb im Bereich der Briefsortierung in der alten Hauptpost.
Raumnot und Enge herrschte in allen Betriebsräumen der alten Hauptpost. Am Hauptbahnhof entstand deshalb in den 1970er Jahren das am 24. Februar 1978 eingeweihte Funktionsgebäude der neuen Hauptpost.
FISCHBRATKÜCHE UND FÄHRMANN
Frau B. wohnte Anfang der 1950er Jahre in Osternburg. Ihr Nachbar war Heini Heeren, der Fährmann vom Stau. Frau B. erinnert sich:
FIRMEN IM ALTEN STADTHAFEN
Der Oldenburger Hafen war durch die Verbindung zur Weser stets auch ein Seehafen.
Der Bau des Hunte-Ems-Kanals in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der eine Anbindung an den Oldenburger Hafen hatte, ermöglichte die Erschließung der Moorgebiete. Da dieser Kanal nur sehr schmal war, wurde er lediglich von kleinen Schiffen (bis 150 Tonnen Tragkraft) zum Transport von Baustoffen für die Neuansiedlungen und zur Versorgung der neuen Siedlungen mit Futter- und Düngermitteln genutzt. Auf dem Rückweg brachten die Schiffe Brenntorf für die Stadt Oldenburg mit. Die Umschlagplätze für den Torf lagen im Bereich der heutigen Schleusenstraße.
Einige der Firmen, die die Hunte als Transportweg nutzten, befanden sich an der Hafenstraße.
Herr M. erzählt aus dem Lebenslauf seines Großvaters, der Mitte des 19. Jahrhunderts im alten Oldenburger Stadthafen eine Holzhandlung hatte, die sich ungefähr im Bereich der heutigen Arbeitsagentur befand:
Herr M. berichtet weiter aus dem Leben seines Großvaters, der sich an der Nikolausstraße ein Wohnhaus baute:
Herr M. berichtet weiter, auf welche Art und Weise sein Großvater damals neue Kunden gewann:
Durch die Fertigstellung des Küstenkanals im Jahr 1935 erhielt der Oldenburger Hafen den Anschluss für Binnenschiffe an das Ruhrgebiet. Dadurch erlebte der Hafen insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg einen wirtschaftlichen Aufschwung und neue Unternehmen siedelten sich im vorderen städtischen Hafenbereich an.
Mittlerweile sind Firmen wie Roelofs & Co GmbH, Midgard, Carl Meentzen & Co. Kohle und Öl und J. Müller mit dem hohen Getreidesilo sowie die städtischen Kran- und Gleisanlagen aus diesem Teil des Hafens verschwunden. Vom ehemaligen städtischen Schlachthof am Stau sind nur noch einige Gebäude erhalten. Inzwischen ist der Schlachthof im Gewerbegebiet Tweelbäke ansässig. Viele andere Firmen, die sich im näheren Umfeld des Hafen befanden, wie beispielsweise die Warpsspinnerei, die Firma Haniel und Co., die Maschinenfabrik Beeck und die Bettenfabrik Fromm, die zuletzt das Gebäude des alten E-Werks nutzte, gibt es nicht mehr. Als letztes großes Unternehmen verließ die Firma Rhein-Umschlag ihr Gelände auf der Osternburger Seite der Hunte.
Während in den 1950er Jahren noch die alten Gebäude der Hafenstraße das Bild dominierten, wurden in den 1960er Jahren Neubauten und Ergänzungen durchgeführt. So errichtete das Speditionsunternehmen Roelofs & Co GmbH an der Hafenstraße ein dreistöckiges Büro- und Lagerhaus mit Umschlaganlagen für Stück- und Massengut. Auch die Firma Midgard erneuerte das veraltete Gebäude und die Umschlaganlage für Sand und Kies auf der Südseite (Bereich Wendehafen) des Hafenbeckens. Die Speditionsunternehmung J. Müller ließ ein hohes Silo für Getreide und Futtermittel bauen.
DER WENDEHAFEN
Am Stau herrschten Ende des 19. Jahrhunderts Schwierigkeiten für die Schifffahrt. Da der Stau eine Sackgasse ist, mussten die Schiffe zum Wenden rückwärts zurücksetzen und in der Einmündung des damaligen Hunte-Ems-Kanals drehen. Dieser Umstand wurde 1896 mit dem Bau des 85m x 70m großen Wendebeckens beseitigt.
Der Filmausschnitt zeigt den Blick von der Eisenbahnbrücke Richtung Innenstadt, beginnend mit dem Gelände der Firma Rhein-Umschlag, 1980er Jahre.
FIRMA RHEIN-UMSCHLAG
Am 1. Februar 1937 nahm die Firma Rhein-Umschlag AG, Zweigniederlassung Oldenburg, ihre Tätigkeit auf der Osternburger Seite des Oldenburger Hafens auf.
Wegen der Fertigstellung des Küstenkanals 1935 und der Kanalisation der unteren Hunte wurde es erforderlich, den alten Glashüttenhafen der Oldenburgischen Glashütte zu beseitigen und eine eiserne Spundwand zu errichten. Um die neue Anlage auszunutzen, entschied sich die Oldenburgische Glashütte, einen MAN-Wippkran zu kaufen, damit auf dem damals billigen Wasserweg die für den Betrieb notwendigen Rohmaterialien herangeschafft werden konnten.
In der Folgezeit kamen die Aufsichtsräte von Glashütte und Rhein-Umschlag überein, einen Gemeinschaftsbetrieb zu gründen. Die Oldenburger Glashütte stellte die Hafeneinrichtungen zur Verfügung, die Firma Rhein-Umschlag das Fachpersonal. Außerdem hatte die Firma Rhein-Umschlag die Möglichkeit, die Anlagen speditionell zu nutzen.
OLDENBURGISCHE GLASHÜTTE
Die Oldenburgische Glashütte befand sich auf dem Gelände der heutigen Firma SMP. Gegründet wurde sie Mitte der 1840er Jahre vom Kaufmann Justus Harbers. Die Glashütte entwickelte sich innerhalb der nächsten Jahrzehnte zu einem bedeutenden Industriebetrieb und war bis zur Schließung 1983 einer der größten Arbeitgeber Oldenburgs.
DER STÄDTISCHE SCHLACHTHOF AM STAU
Auf dem Gelände des Schlachthofes befand sich ursprünglich ein Hafenbecken (siehe Plan oben, Nr. 5), der sogenannte Eisenbahnhafen, den man nutzte, solange Torf zum Heizen der Lokomotiven benötigt wurde. Mit dem Ende der Torfbefeuerung verlor der Hafen schnell an Bedeutung und wurde zugeschüttet.
1896 eröffnete man nach zweijähriger Bauzeit den städtischen Schlachthof. Zu dieser Zeit zentralisierten viele Städte – auch Oldenburg – das Schlachten auf städtischen Schlachthöfen, denn das Schlachten vor Ort hatte häufig zu Missständen geführt. In einigen Betrieben herrschten schlechte hygienische Verhältnisse und die Schlachtungen verursachten Lärm sowie unangenehme Gerüche in der umliegenden Nachbarschaft.
Der Schlachthof am Stau wurde in der Folgezeit mehrmals vergrößert und erhielt einen eigenen Gleisanschluss. Neben dem Schlachthof wurde in der NS-Zeit nach dem Verkauf des Zentralviehmarktgeländes in Osternburg ein neuer Nutzviehmarkt eingerichtet, den jüdische Viehhändler nicht nutzen durften. Auf dem Nutzviehmarkt konnten die Viehhändler ihre Tiere direkt an die Schlachter oder Schlachtereien verkaufen.
In den 1950er Jahren hatte Frau J. gemeinsam mit ihrem Ehemann die sogenannte Fettschmelze auf dem Oldenburger Schlachthof. Sie erinnert sich an ihre erste Zeit auf dem Schlachthof:
Frau J. erinnert sich daran, wieviele Personen damals auf dem Schlachthof arbeiteten:
Auf dem Oldenburger Schlachthof waren später in den 1960er/70er Jahren auch mehrere Großschlachtereien wie „de Fries“, Hülsebusch“, „Jans & Schnaible“, „Skriepeck“ und „Friedering“ ansässig.
Frau J. erinnert sich:
Frau J. erinnert sich an die Schlachtungen und die sogenannte Freibank, die sich ebenfalls auf dem Schlachthof befand:
Frau J. erinnert sich an das „Gasthaus zum Schlachthof“:
In den 1970er Jahren wurde der Schlachthof auf ein neues Gelände in Tweelbäke umgesiedelt.
BAHNWASSERTURM
In den Jahren 1907 bis 1908 ließ die Großherzoglich Oldenburgische Eisenbahn für das Betreiben ihrer Dampflokomotiven am Oldenburger Hafen neben der Eisenbahnbrücke einen 33m hohen Wasserturm errichten, der einen Hochbehälter zur Speicherung von Brauchwasser besaß. Das Stahlbassin hatte ein Fassungsvermögen von 500 m³ und wurde mit Huntewasser gefüllt, das kostenlos zur Verfügung stand. Nachdem die Zeit der Dampflokomotiven zu Ende gegangen war, stand der Turm lange Zeit leer. Inzwischen haben zwei Oldenburger Architektinnen den Turm übernommen und ihn für ihre Zwecke hergerichtet.
EISENBAHNBRÜCKEN
Für den Bau der ersten Eisenbahnstrecke im Oldenburger Land von Oldenburg nach Bremen musste die Hunte überbrückt werden. Deshalb wurde 1865 zunächst eine eingleisige und einarmige Drehbrücke aus Holz gebaut. Schon vor der eigentlichen Eröffnung der Bahnstrecke im Juli 1867 kam es zu Problemen, weil die Hunte ständig versandete und sich Schiffe im Durchgang der Drehbrücke im niedrigen Fahrwasser festfuhren. Dann konnte die Drehbrücke nicht mehr geschlossen werden und der Eisenbahnverkehr kam zum Erliegen. Außerdem deformierten nach kurzer Zeit die Winterstürme und der rasant angestiegene Eisenbahnverkehr die Konstruktion. Deshalb ersetzte man bereits acht Jahre später die Drehvorrichtung durch eine schmiedeeiserne Fachwerkkonstruktion. Außerdem machte die noch im selben Jahr erfolgte Betriebseröffnung der Strecke nach Quakenbrück den Bau einer zweiten gleichartigen Brücke unmittelbar neben der Bremer Brücke erforderlich, da diese nicht mitbenutzt werden konnte.
In den Jahren 1904/1905 erfolgte dann eine grundlegende Rekonstruktion zu einer gemeinsamen zweigleisigen Drehbrücke. Sie war in der Flussmitte gelagert und hatte zwei Durchfahrtsöffnungen von jeweils 28,75 m.
Die Brücke wurde im April 1945 durch die deutsche Wehrmacht gesprengt.
Aus den noch vorhandenen Resten entstand zunächst ein Provisorium zur Aufrechterhaltung des Eisenbahnbetriebes. Von 1950 bis 1954 baute die Firma MAN die heutige Klappbrücke. Es wurde erst ein Brückenteil gebaut und an die Behelfsbrücke angepasst. 1954 wurde auch die Nordbrücke dem Verkehr übergeben. Die Doppel-Rollklappbrücke hat eine Gesamtlänge von fast 60m.
DIE EISFABRIK AM STAU
Stadtauswärts am Stau vor der heutigen Firma AGRAVIS befand sich noch in den 1950er Jahren die Eisfabrik von Bodo Notholt. Die Fabrik belieferte in der Zeit als es noch keine Kühlschränke gab in Oldenburg Lebensmittelhändler, Fleischereien, Fischhandlungen, Gaststätten und private Haushalte mit Eis.
Frau G. wohnte zusammen mit ihrem Ehemann Ende der 1940er Jahre in der Oldenburger Eisfabrik am Stau. Sie erinnert sich:
Frau G. erzählt von ihrem Ehemann, der das sogenannte Eisziehen in der Eisfabrik erlernte:
Die Eisfabrik musste schließen, als sich die Kühltechnik weiterentwickelte und im Laufe der 1950er Jahre Kühlschränke aufkamen.
LANDWIRTSCHAFTLICHE ZENTRAL-GENOSSENSCHAFT
Die Landwirtschaftliche Zentral-Genossenschaft (LZG) ließ 1936 am Stau ein erstes Getreidesilo mit einem Fassungsvermögen von mehr als 2000 t errichten. Dieses alte Silo ist oben links auf dem Bild zu sehen.
Die LZG ging 1990 in der Raiffeisen Central-Genossenschaft Nordwest eG auf. Die heutige AGRAVIS Raiffeisen-AG entstand im Oktober 2004 durch den Zusammenschluss der Raiffeisen Central-Genossenschaft Nordwest eG und der Raiffeisen Hauptgenossenschaft Nord AG.
DIE BRAND WERFT
Die Brand Werft und Schiffe auf der Hunte 1970er Jahre.
STURMFLUT IM OLDENBURGER HAFEN
Die deutsche Nordseeküste erlebte 1962 eine schwere Sturmflut. Auch die Stadt Oldenburg blieb von den Folgen nicht verschont. Am 17. Februar 1962 kam es in der Stadt zu umfangreichen Überflutungen. Hiervon war u.a. der Hafenbereich am Stau betroffen.
Literatur/Quellen:
Ostendorf, D.W., Der Hafen Oldenburg und seine wirtschaftliche Entwicklung, Stalling, ca. 1966
NWZ-Archiv
Ballmann, Werner, Der Hafen Oldenburg, Entwicklung und Struktur, Bedeutung und Verflechtung, Spieker 1976
Heimann, Bernhard, u.a., 100 Jahre LZG, 1990
Wachtendorf, Günter, Oldenburger Häuserbuch, Straßen der Stadt Oldenburg, die im Jahre 1920 zur Stadt zählten und noch nicht im ersten Oldenburger Häuserbuch beschrieben sind, 2007
Brand, Sigrid, 125 Jahre Heinrich Brand, Storck & Co. 1975
Meyer, Lioba, Up disse Sit van´n Kanal, Wenn die “Osternburger“ erzählen, 1986
Alt-Oldenburg.de
Löffler, Peter, Die Eisenbahn in Oldenburg: Eisenbahngeschichte im ehemaligen Land Oldenburg, EK-Vlg 1998
44 Jahre, 1937-1981 Rhein-Umschlag Oldenburg
Hafen der Stadt Oldenburg, Lageberichte
Schrape, Joachim, Weber, Gustav, Gastronomie in Oldenburg, 125 Jahre von 1882-2007
Berg, Eugenie, Meyer, Lioba, Moderne Zeiten: Industrie- und Arbeiterkultur in Oldenburg 1845 bis 1945, Isensee 1989
Wagner, Otto, Ereignisreiche Jahre von 1970 bis 1979 im Postamt Oldenburg und in seinem Regionalbereich
Meyer-Knickmann, Von den Anfängen des Postwesens in der Stadt Oldenburg in Postgeschichtliche Hefte Weser-Ems, Band IV, Heft 6, 1975
Aschenbeck, Nils, Schmidt, Jens U., Wassertürme im Nordwesten, Isensee 2003
Viele Fotos dieser virtuellen Ausstellung wurden dem Oldenburger Medienarchiv im Rahmen der Austellung „Der Oldenburger Hafen – Eine Zeitreise in Bildern“ zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns dafür ganz herzlich und ganz besonders auch bei den Zeitzeugen, die Stadtgeschichte durch ihre Erzählungen sichtbar machen!
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